ImpressumDatenschutzBarrierefreiheitHans RichterArchitekt1882—1971

Garage mit Wohnungen für Adalbert Richter in Wölmsdorf

Adresse:
Vilémov, Vilémov 174
GPS:
50°59'36.5"N 14°19'50.6"E
Bauzeit:
1922
Bauherr:
Adalbert Richter (oder Firma F. X. Richter)
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Einen etwas ungewöhnlichen Auftrag erhielt Hans Richter 1920 oder 1921 vom Wölmsdorfer Fabrikanten Adalbert Richter, dem Eigentümer der großen örtlichen Spinnerei F. X. Richter. Er erbat einen Entwurf für eine Garage mit Raum für drei PKW, ggf. auch LKW, und mit drei Angestelltenwohnungen im ersten Stock. Das Projekt war Teil einer umfangreicheren Zusammenarbeit. Der Architekt entwarf nämlich für denselben Auftraggeber in Vilémov auch ein Einfamilienhaus.

Auf den ersten Blick handelt es sich um einen Bau, der für das progressive Werk Hans Richters untypisch ist. Das Objekt erinnert durch die Fachwerkbauweise mit hohen, durch das Fachwerk untergliederten Giebeln und einer Reihe rustikaler Motive an den sog. Heimatschutzstil, der gewiss nicht zu seinem Repertoire gehörte. Im Fall des genannten Gebäudes handelt es sich aber nicht um eine getreue Zitation der ländlichen Bauweise, sondern um ihre kreative Auslegung. Weder in den Archiven noch in der Literatur findet sich ein Beleg für Richters Urheberschaft. Der einzige Hinweis ist die Erinnerung der Nachfahren, dass ein »Architekt aus Dresden« der Urheber war und auch eine bemerkenswerte Ähnlichkeit des Giebelmotivs mit dem Geburtshaus von Hans Richter in Königswalde. Die Gestaltung ging offenbar auf den Wunsch des Bauherrn zurück und Richter setzte sich durchaus geschmackvoll mit ihm auseinander.

Der Grundriss in L-Form begrenzte einen Hof. Von diesem führten drei große Bogentore in die Garagen und ein ebenso geformter offener Windfang ins Treppenhaus, über das man zu den Wohnräumen gelangte. Deren Existenz verriet eine modern gestaltete langgezogene Dachgaube mit einer Reihe von acht Fenstern. Ursprünglich war die Fassadengestaltung von einem stark vereinheitlichenden Design geprägt, das von Richters charakteristischem Raster beherrscht wurde. Am deutlichsten ist es am Giebel ausgeprägt, wo es ein traditionelles Fachwerk simuliert. Das selbe Raster bedeckte darüber hinaus die Fassade in Form eines Rankgitters und wurde auch auf die Garagentore und den noch weit schmuckvolleren Eingang für die Mieter übertragen. Marginal ist dieses Design auch in dem ansonsten nüchtern gestalteten Interieur wiederzufinden, und zwar in Form des Geländers im Treppenhaus. In den Garagen befanden sich eine Montagegrube und eine Werkstatt, die es gestatteten, die Fahrzeuge in Eigenregie zu reparieren.

Zum Objekt gehörte auch das kleine, separat stehende »Benzinhäuschen«, das bis heute etwa 30 Meter von der Garage entfernt in nahezu unveränderter Form zu finden ist und den Abschluss des Hofs bildete. Seine Lage entspricht den damaligen Brandschutznormen für den Standort eines Kraftstofflagers. An seinem Giebel ist ebenfalls das erwähnte Raster zu finden, ebenso am Tor. Auch die ursprüngliche plastische Fassade mit dem gelben Anstrich ist erhalten geblieben.

Die Garagen wurden 1922 gleichzeitig mit der Villa oder kurz vor ihr fertiggestellt, denn sie erhielten eine niedrigere Hausnummer. Leider war der Bauherr kurz zuvor verstorben. Das Objekt, das sich im Besitz der Nachkommen des Fabrikanten befand, wurde 1945 konfisziert und diente als Sitz der örtlichen Feuerwehr, die dort bis heute ihr Domizil hat. Vor kurzem wurde es recht einfühlsam rekonstruiert, wobei man den ursprünglichen Genius Loci respektierte. Schon zuvor waren jedoch die drei Bogentore verschwunden, die durch zwei große Tore ersetzt wurden, um modernen Feuerwehrfahrzeugen die Einfahrt zu ermöglichen. Im ersten Stock befinden sich nach wie vor Wohnungen.