Wasserturm in Dresden-Hellerau

Hellerau wurde bis in die 1920er Jahre von Klotzsche aus mit Wasser versorgt. Durch das Wachstum der Gemeinden Rähnitz und Hellerau stieg der Wasserbedarf jedoch stark an und spätestens seit der Ansiedlung der Landesschule in Hellerau 1926 musste eine andere Lösung gefunden werden. Der Bau eines Wasserturms wurde notwendig. In der regionalen Presse wurde neben der erforderlichen praktischen Aufgabe auch eine politische Mission formuliert: Der Turm solle die Gemeinden Rähnitz und Hellerau »fester als bisher zu einem kommunalen Organismus zusammenschließen«.

Die Wasserwerke Rähnitz-Hellerau vergaben den Auftrag nach einem Wettbewerb an den Gewinner des 1. und 2. Preises: an Hans Richter, der damit (nach aktuellem Stand) seinen ersten Bau in Sachsen realisieren konnte. Errichtet wurde der Turm am nordwestlichen Stadtrand auf dem alten Brunnenweg durch die ortsansässige Betonbaufirma Renschka & Palitzsch GmbH.

Der 32m hohe Turm besticht durch eine klare und dennoch raffinierte Formensprache für das technische Bauwerk. Ein aus zwei sich kreuzenden Diagonalen gebildeter Turmschaft in Ortbeton nimmt im Inneren Treppenhaus und Wasserrohrleitungen auf. Darüber sitzt ein Stahlbeton-Kubus mit zylindrischem Stahlbetonbehälter für 300m³ Wasser. Richter belebte die nackten Betonflächen durch sehr pointiert gesetzte kleine und sehr kleine quadratische Fenster im Schachtbereich und am Kubus. Das flach geneigte Dach besaß ursprünglich eine acht Meter hohe Spitze.

1929 wurde der Wasserturm in Betrieb genommen. Er versorgte Hellerau bis in die 1950er Jahre mit Wasser und steht heute unter Denkmalschutz. Die heutige Nutzung des Turms als Netzstation eines Mobilfunkanbieters verklärt leider die Architekturgliederung.

Bis 1933 war der Turm auch Namensgeber der von der KPD-Ortsgruppe herausgegebenen Ortszeitung »Rund um den Wasserturm«. Sie »vervollständigte« dafür Richters Architektur zeichnerisch mit Hammer und Sichel als Abschluss.